Jon Bon Jovi

Jon Bon Jovi
Jon Bon Jovi
 
Hardrock für die Massen
 
In der zweiten Hälfte der 80er-Jahre war Jon Bon Jovi der unbestrittene Herr der Rockszene. Mit der Band, die seinen Namen trug, machte er eingängige, hart gespielte und ausdrucksstark interpretierte Musik, die im gerade voll in Fahrt gekommenen Videozeitalter für gigantische Umsatzzahlen sorgte und sowohl den Pop-Metal als auch den (in großen amerikanischen Baseballstadien veranstalteten) Stadionrock als feste Größen im Showbusiness etablierte. Um das Jahr 1990 beschäftigte das Unternehmen Bon Jovi 100 Mitarbeiter, und bis heute wurden über 70 Millionen Schallplatten verkauft. Seine nahtlos aufeinander folgenden Nummer-1-Hits boten dem Sänger auch die Möglichkeit, sich im gesamten Verlauf seiner Karriere karitativ zu engagieren, sei es bei »Farm Aid«, bei Drogen- oder anderen Hilfsprogrammen. Er unterstützte jüngere Künstler auf ihrem Weg zum Erfolg, zeigte stets einen ausgeprägten Familiensinn und fand ab 1995 ein weiteres Betätigungsfeld in der Schauspielerei.
 
 Anfänge und Bandgründung
 
Jon Bon Jovi, der eigentlich John Francis Bongiovi jr. heißt, erblickte am 2. März 1962 in Perth Amboy, New Jersey, das Licht der Welt und wuchs im nahen Sayreville auf. Sein Vater, ein gebürtiger Sizilianer, war Friseur, seine Mutter ein ehemaliges Playboy-Bunny. Mit dreizehn begann er, Gitarre zu spielen (unter anderem Songs von Elton John) und in der Highschool betrieb er mit seinem Bruder Matt und seinem Cousin Tony eine Band, der sich 1978 der gleichaltrige Keyboarder David Bryan Rashbaum anschloss. Erste Erfahrungen im Tonstudio machte Jon mit neunzehn, als er für die »Krieg der Sterne«-Weihnachtsplatte »Christmas with the stars« den Song »R2-D2 We wish you a merry christmas« sang. Produziert wurde das Ganze von Cousin Tony in der Power Station, einem New Yorker Studio. 1983 beteiligte sich der junge Sänger an einem Wettbewerb des New Yorker Radiosenders WDHA, bei dem die beste Band ohne Plattenvertrag gekürt werden sollte. Im Studio Record Plant, wo Tony fest angestellt war, nahm Jon mit erfahrenen Studiomusikern den Song »Runaway« auf, gewann den ersten Preis und musste zudem zu seiner Verwunderung feststellen, dass sein Stück im New Yorker Sommer 1983 einer der beliebtesten Songs wurde. Was Jon jetzt noch fehlte, war eine Band. Mit dem Schulfreund Rashbaum, der bald seinen Nachnamen ablegte und sich David Bryan nannte, dem Bassisten Alec John Such und dem Schlagzeuger Tico Torres gründete er »Jon Bon Jovi & The Wild Ones«. Kurz darauf konnte Richie Sambora, ein erfahrener Musiker, als Gitarrist gewonnen werden. Die Band, deren Namen nun auf »Bon Jovi« verkürzt war, arbeitete ein Jahr zusammen und veröffentlichte 1984 ihr gleichnamiges Debütalbum. Eine Neufassung von »Runaway« schaffte es in die Hitparade (Nummer 39) und sorgte dafür, dass die Gruppe von der Fachpresse als »bester Newcomer des Jahres« gefeiert wurde. Und die Musiker hatten einiges zu bieten: Jon war klarer Mittelpunkt der Band, ein Mädchenschwarm und gleichzeitig ein überzeugender Frontmann und Sänger; Richies Gitarrenspiel war hart, aber eingängig; das Songmaterial unkompliziert, dabei mitreißend und sehr poppig. Doch obschon sich die LP mehr als 350 000-mal verkaufte und sich über 40 Wochen in den Charts hielt, war der wirklich große Erfolg noch nicht in Sicht. 1985 folgte die zweite Platte, die selbstbewusst »7800º Fahrenheit« betitelt war (nach der Temperatur, die bei Ausbruch im Inneren eines Vulkans herrscht und bei der Gestein zu schmelzen beginnt). Doch es war kein glühender Rock, den die Gruppe mit diesem Werk ablieferte, sondern eher formelhafter Pseudorock. Nichtsdestotrotz war die Platte ähnlich erfolgreich wie ihr Vorgänger. Als Vorgruppe von schwergewichtigen Rockbands wie den »Scorpions« und »Kiss« hatte Bon Jovi in diesem Jahr Gelegenheit, den Großen auf die Finger zu sehen und zu lernen, was es bedeutet, vor Zehntausenden auftreten und bestehen zu müssen.
 
 Durchbruch und Welterfolg
 
Nachdem die Gruppe es nun geschafft hatte, ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit zu treten, war das Glück auf ihrer Seite. Jon stieß auf den Kanadier Bruce Fairbairn, einen damals relativ unbekannten Produzenten, den er für seine Arbeit verpflichtete. Eine zweite wichtige Bekanntschaft war die mit dem Musiker und Komponisten Desmond Child, auf dessen Konto der Monsterhit von Kiss, »I was made for loving you«, ging. Gemeinsam machten sie sich in einem abgeschiedenen Studio in Vancouver ans Werk und schrieben und produzierten eine Platte, die in die Annalen der Rockgeschichte eingehen sollte. »Slippery when wet« erschien im Sommer 1986, verkaufte sich mehr als 15 Millionen Mal und schoss geradewegs auf Platz 1 der amerikanischen Charts. Ausschlaggebend für diesen Erfolg war nicht nur, dass Jon Supersongs wie »You give love a bad name«, »Livin' on a prayer« und »Wanted dead or alive« vorlegte, sondern vor allem, dass die dazugehörigen Videos im damals relativ jungen Sender MTV rund um die Uhr gesendet wurden. Und Jon schaffte es, Mädchen und Jungs gleichermaßen zu begeistern: Präsentierte er sich im »Live«-Video zu »Livin' on a prayer« fotogen vor Unmengen kreischender Girls als blond gelockter Schönling mit Jeanskluft, so absolvierte er die Ballade »Wanted dead or alive« als einsamer Outlaw mit Westerngitarre auf einem Felsen in der amerikanischen Wüste. Um das Album zu promoten, unternahm die Band eine Mammuttournee mit 130 Stationen, die »The tour without end« betitelt war und in deren Verlauf die Gruppe auch in Moskau auftrat. Die Musiker engagierten sich auch bei dem Projekt »Farm Aid«, das Geld zur Unterstützung nordamerikanischer Landwirte einspielen sollte. War »Slippery when wet« reiner Pop-Metal und deshalb so hörerfreundlich gewesen, kam 1988 mit »New Jersey« eine Platte, die viel mehr Soul und Rock 'n' Roll hatte. Sie verkaufte sich »nur« 9 Millionen Mal, erreichte aber die Spitze der US-Charts und hatte mit »Bad medicine« sowie »I'll be there for you« zwei weitere Nummer-1-Singles. Auch die Singles »Born to be my baby« und »Lay your hands on me« kletterten weit nach oben und mit »Stick to your guns« enthielt das Album einen Song, der genau wie zuvor »Wanted dead or alive« den Westernmythos bediente. Zu Beginn des Jahres hatte die Band Schlagzeilen gemacht, weil ihr Manager wegen Drogenhandels verurteilt wurde, die Gruppe selbst begann im Herbst 1988 die »Jersey Syndicate tour«, die über 232 Stationen in 23 Ländern führte und 1990 in Mexiko zu Ende ging. Mehr als drei Millionen Menschen sahen Bon Jovi damals live, und für alle, die nicht dabei waren oder sich erinnern wollten, erschien ein Tourvideo, »Access all areas«. Im Frühjahr 1989 heiratete Jon seine langjährige Freundin Dorothea Hurley, und im selben Jahr wurde »New Jersey« als erste westliche Platte offiziell in der Sowjetunion veröffentlicht. Im Rahmen der MTV Music Video Awards traten Jon und Richie 1989 mit »akustischen«, das heißt technisch reduzierten Versionen von »Livin' on a prayer« und »Wanted dead or alive« auf und halfen dadurch der wenig später einsetzenden »Unplugged«-Welle auf den Weg. Im Verlauf ihrer bisherigen Karriere hatten sich Jon und Richie auch intensiv um junge Hardrockgruppen wie »Cinderella« und »Skid Row« gekümmert, ihnen Plattenverträge verschafft und sie mit auf Tour genommen. Insbesondere mit Skid Row kam es zu Streitereien und Anfeindungen, die bis heute nicht beigelegt sind und damals mit ausschlaggebend dafür waren, dass Bon Jovi als Gruppe eine Pause einlegte.
 
 Soloprojekte und Neuanfang
 
Jon veröffentlichte solo die LP »Blaze of glory« (1990). Zu einigen der Songs ließ er sich von dem Drehbuch zu »Young guns II«, einem modernen Western, anregen, und sie erschienen auch im Filmsoundtrack. Der Titelsong erreichte Platz 1 der US-Charts und brachte Jon einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung ein. Richie Sambora, die zweite treibende Kraft der stillgelegten Band, veröffentlichte ebenfalls ein Soloalbum, »Stranger in this town«, bei dem ihm die Bandmitglieder und außerdem Eric Clapton behilflich waren. Jon hielt sich zurück, um seinen Partner endlich einmal allein arbeiten zu lassen und ihm mit seiner immensen Popularität nicht im Weg zu stehen. Auf eigene Faust arbeitete auch David Bryan: Er schrieb die Musik zu dem Science-Fiction-Film »Netherworld« (1991). Jon nutzte die Pause unter anderem, um sich als Produzent zu betätigen, und unterstützte Aldo Nova bei dem Album »Blood in the bricks«. 1992 kam die Gruppe unter neuen Vorzeichen wieder zusammen. Jon hatte den Manager und einen Großteil seines hundertköpfigen Mitarbeiterstabs entlassen, denn er wollte die Dinge jetzt weniger wie ein Industriekonzern angehen, sondern wie eine ganz normale Rock-'n'-Roll-Band. Er wollte, dass sich fünf Typen in einem Proberaum treffen und Musik machen. Die Gruppe probte in Jons Keller, ging dann mit Bob Rock als Produzent ins Studio nach Vancouver, und im Herbst 1992 erschien die LP »Keep the faith«. Es war, wie Richie Sambora sagte, ein »Album des Übergangs«: nachdenklicher, weniger geschniegelt und trotz äußerst eingängiger Songs und guter Produktion reiner Rock. Auf dem Cover waren fünf übereinander gelegte Hände zu sehen, die den Zusammenhalt der fünf Musiker symbolisierten - im Glauben an sich selbst. Der als Single ausgekoppelte Titelsong war in starkem Ausmaß der in England gerade erst abgeklungenen »Madchester«- und Rave-Hysterie verpflichtet und konnte dementsprechend vor allem dort große Erfolge feiern. In den USA reagierte der Markt verhaltener (höchste Chartposition der LP: Nummer 5, der Single: Nummer 29), doch bis zum Herbst 1994 wurde annähernd jeder Song aus der Platte als Single ausgekoppelt und das Album 8 Millionen Mal verkauft. 1994 veröffentlichte David Bryan ein weiteres Soloalbum, »On a full moon«, die Gruppe Bon Jovi feierte ihr zehnjähriges Bestehen mit »Cross Road - The best of Bon Jovi«, einer Zusammenstellung von 13 Superhits und zwei neuen Stücken: »Always« avancierte weltweit zum Singlehit, »Someday I'll be saturday night« hingegen erregte Aufsehen, weil das dazugehörige Video von MTV nicht gesendet wurde. »Cross Road« blockierte über Wochen den Spitzenplatz der Charts, verkaufte sich über 12 Millionen Mal und brachte Bon Jovi 1995 einen World Music Award als »bestverkaufende Rockband« ein
 
 Reifejahre
 
Nach den Aufnahmen zu diesen Songs verließ Alec John Such die Band. Gerüchte besagten, dass er sich im Streit von Jon trennte: Dieser bestätigte hingegen nur, dass man sich wohl auseinander gelebt habe und eine Rockband nun mal keine lebenslange Freiheitsstrafe bedeute. Den Bass übernahm in der Folge der erfahrene Sessionmusiker Hugh McDonald, wenngleich er nicht als offizielles Mitglied fungierte. »Eine Band ist wie eine Familie«, sagte Jon, »und in einer Familie wird auch niemand ersetzt.« Dennoch: Die Familie wuchs. Im Dezember 1994 heiratete Richie Sambora die Schauspielerin Heather Locklear, Jon wurde am 19. 2. 1995 zum zweiten Mal Vater (Jesse James Louis; die Tochter Stephanie Rose war am 31. 5. 1993 geboren worden) und David Bryans Ehefrau April McLean brachte im März 1994 Zwillinge zur Welt. Im Zuge der Familiengründungen und des Erwachsenwerdens gestaltete sich die nächste Platte viel problemorientierter und nachdenklicher als alles Vorhergegangene: Die neuen Songs waren wenn nicht politisch, so doch sozialkritisch. »These days« erschien 1995 und Bon Jovi stellte das Album live mit großer Licht- und Bühnenshow vor. Singleauskopplungen wie »Something for the pain«, »Hey god« oder »This ain't a love song« waren vor allem in England erfolgreich, in Amerika schien die große Zeit der Megaumsätze und Spitzenplatzierungen vorüber zu sein. Doch die Gruppe wertete die Platte als großen Erfolg, da sie als wirkliche Gemeinschaftsarbeit entstanden war und nicht wie die Platten seit »Slippery when wet« mit unausgewogener Beitragsleistung. Wie zur Belohnung dafür erhielt die Gruppe eine weitere bedeutende Auszeichnung als »Rockband des Jahres«. 1995 widmete sich der medienwirksame und fotogene Jon auch neuen Tätigkeiten: Er wurde Schauspieler und Dressman. Neben Stars wie Kathleen Turner, Whoopy Goldberg und Elisabeth Perkins agierte er in dem Film »Moonlight and Valentino« und für den Modedesigner Gianni Versace zog er dessen Kreationen an. Eine Hauptrolle übernahm er 1996 in dem Film »The Leading Man«. In diesem Jahr ergab sich für die Gruppe eine Zusammenarbeit mit einer großen deutschen Autofirma, und ein Golf namens »Bon Jovi« kam auf den Markt. Im Zuge dessen absolvierte die Band eine aufwendige Europatournee. Dann gab es neue Soloprojekte. Jon legte 1997 »Destination everywhere« vor, ein in London aufgenommenes und für seine Verhältnisse experimentierfreudiges Album, das wieder herausragende Stücke und die Balladen »Queen of New Orleans« und »Midnight in Chelsea« enthielt. Richie Sambora veröffentlichte 1998 sein zweites Soloalbum, »Undiscovered soul«. Als gemeinsame Aktion erschienen die Single »Real Life« (1999) und im Mai 2000 das Album »Crush«, dessen Singleauskopplung »It's my life« während der Fußball-Europameisterschaft 2000 als ZDF-Erkennungsmelodie diente. 2001 kam das Album »One wild night - Live 1985-2001« heraus, dessen 15 Songtitel die Konzertauftritte der Band in den letzten 15 Jahren widerspigeln.

Universal-Lexikon. 2012.

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